
Wenn dir dein Partner mehr schadet, als dass er dein Leben bereichert
Laut Umfrage hat jede und jeder Zweite bereits Erfahrungen mit einer toxischen Beziehung gemacht. Ein stabiler Selbstwert schützt davor, sich in die Opferrolle drängen und dauerhaft würdelos behandeln zu lassen.
Der Begriff toxische Beziehung beschreibt ein stark unausgewogenes Liebesverhältnis, in dem der eine Partner den anderen meist durch psychische, manchmal auch durch körperliche Gewalt herabsetzt.
Dieser Begriff stellt allerdings keine Diagnose dar und wird im wissenschaftlichen Umfeld eigentlich nicht verwendet. Um jedoch einem Phänomen, das es leider schon lange gibt, über das aber bis vor Kurzem nicht offen gesprochen wurde, einen Namen zu geben, ist dieser Begriff recht ausdrucksstark.
Das Wort toxisch leitet sich übrigens vom griechischen Wort toxon ab und bezeichnete ursprünglich einen Bogen. Denn in der Antike benetzten Kämpfer die Spitzen ihrer Pfeile oft mit einem tödlichen Gift. Der Begriff wurde dann später auf alle gesundheitsschädigenden Substanzen übertragen.
Inhalt: Toxische Beziehung

Tut dir dein Partner wirklich gut oder ist das Gegenteil der Fall?
Es ist wichtig dass du selbst realistisch einschätzen kannst, ob der Mensch, mit dem du eine Beziehung eingegangen bist, dir wirklich so guttut, wie du es dir wünscht und brauchst oder ob das Gegenteil der Fall ist.
Solltest du Tisch und Bett tatsächlich mit jemanden teilen, der dir mehr schadet als dass er dein Leben bereichert, dann ist es wesentlich, dass du dich als Betroffene oder Betroffener nicht in die Opferrolle drängen lässt. Im Gegenteil, wichtiger ist es, dass du dir bewusst machst, wie du für dich selbst sorgen und dein Leben aktiver gestalten kannst. Denn je selbstwirksamer du bist, desto mehr erkennst du, wer dir guttut und wer nicht. Je besser die Beziehung ist, die du zu dir selbst hast, je wohler du dich in deiner eigenen Haut fühlst, desto weniger bist du bereit, schlechte Kompromisse einzugehen.
Toxische Beziehungen können zu Depressionen führen
Verbindungen, die dich mehr Kraft kosten als dass sie dir Kraft geben, in denen es zur Tagesordnung gehört, dass du gekränkt, kontrolliert oder vernachlässigt wirst, können dich mit der Zeit krank machen. Psychische Störungen wie Depressionen oder Angststörungen können die Folge sein, auch körperlich kann sich eine schlechte Beziehung bemerkbar machen, zum Beispiel in Form von Herzproblemen, das ergab eine Studie des University College in London.
Manche Beziehungen sind nicht zu retten und sie sollten auch nicht gerettet werden, weil sie auf Basis eines Ungleichgewichts bestehen, das im Grunde nie ausgeglichen werden kann. Das zeigt auch das Fallbeispiel von Theresa, die im Alter von 32 Jahren in eine toxische Beziehung geriet:
Als sie sich kennenlernten, schienen sich all ihre Träume zu erfüllen. Hannes sah gut aus, konnte durch sein selbstbewusstes Auftreten seine Umgebung im Handumdrehen für sich gewinnen. Ob zu zweit oder in einer größeren Runde, er zog alle Aufmerksamkeit auf sich. Sie war so beeindruckt von ihm, dass sie es als ganz selbstverständlich empfand, dass sich alles nur um ihn drehte.
Physik, Medizin, Musik: Hannes schien auch beruflich über wundersame Kräfte zu verfügen, er schien einfach alles zu können und auch Geld schien keine Rolle zu spielen! Sein Auto, seine Wohnung, seine Kleidung spiegelten den scheinbaren Wohlstand allerdings nicht wider. Doch vor lauter Begeisterung über diesen Traummann wollte sich Theresa nicht von der eigenen inneren Stimme, die leise warnte, wachrütteln lassen.
Als er sie nach nur wenigen Wochen des Zusammenseins bat, bei ihm einzuziehen, lehnte sie zunächst ab, denn das ging ihr alles zu schnell. Doch irgendwann willigte sie ein. Es schien ja alles so klar, sie wären bestimmt füreinander. Auch wenn sie sich oft unruhig und gereizt fühlte, was so gar nicht dazu passen wollte, dass sie den Richtigen gefunden habe.
Je länger sie mit ihm zusammenlebte, desto respektloser verhielt er sich
Kaum hatte sie sich mit ihren wenigen Dingen bei ihm eingerichtet, schien er wie verwandelt. Konnte er vorher kaum ein paar Stunden ohne sie verbringen, blieb er nun oft lange weg. Wollte sie wissen, wo er gewesen sei, gab er keine Antwort. Manchmal wurde er sogar so zornig, dass sie Angst vor ihm bekam. Je länger sie mit ihm zusammenlebte, desto respektloser wurde er. Sogar vor ihren eigenen Freunden behandelte er sie herablassend, während er sich ihnen gegenüber betont zuvorkommend gab. Mit der Folge, dass ihre Freunde ihre Beschwerden gegenüber Hannes gar nicht verstanden, wenn sie einmal mit ihnen allein war.
Verhielt er sich ihr gegenüber besonders abwertend und aggressiv, brachte sie zumindest kurzfristig die Entschlossenheit auf, ihm mit Trennung zu drohen. Doch allein dieses Wort schien einen Schalter in ihm umzulegen: Plötzlich stellte er sich dar wie am Anfang der Beziehung, er überschüttete sie mit Komplimenten, machte ihr Geschenke und sprach sogar von Heirat und gemeinsamen Kindern. Leider hielt dieser Zustand nicht lange an.

Dem Martyrium ein Ende bereiten
Eines Tages sah Theresa Hannes mit einer anderen Frau. Sie saßen in einem Café, an dem sie immer nach der Arbeit vorbeikam. Sie konnte es nicht glauben, wagte ihn aber nicht sofort zu konfrontieren. Nachts als er schlief, griff sie sich sein Handy und entdeckte viele Nachrichten von verschiedenen Frauen. So als hätte er es geahnt, stand er plötzlich neben ihr. Statt sich zu erklären, machte er ihr Vorwürfe. Die Situation eskalierte völlig und Theresa spürte, dass er dieses Mal körperliche Gewalt anwenden könnte. In diesem Moment beschloss sie, ihrem Martyrium ein Ende zu bereiten. Am nächsten Morgen, als er unterwegs war, packte sie ihre Sachen und flüchtete sich zu ihrer Schwester.
Heute lebt Theresa mit ihrem Ehemann Martin zusammen. Die beiden führen eine ausgewogene Beziehung. In vielen Stunden Psychotherapie baute sich Theresa ein stabiles Selbstwertgefühl auf. Sie weiß heute, was sie braucht und was ihr guttut. Sie kann ihr Leben nach ihren Bedürfnissen und Wünschen gestalten und hat in Martin ein Gegenüber gefunden, der genauso wie sie bereit ist, an sich und an der Beziehung zu arbeiten.
Gesundes Selbstwertgefühl schützt vor toxischen Beziehungen
Was dich wirksam davor schützt, dich benutzen und schlecht behandeln zu lassen, das ist ein gesundes Selbstwertgefühl. Wenn du dich selbst achtest, dann hältst du nicht an einer Beziehung fest, die dir schadet. Deinen eigenen Selbstwert so zu stärken, dass du jemanden seines Weges ziehen lässt, der sich nicht so verhält, wie du es brauchst, das kannst du lernen.
Theresa weiß heute, dass ihr damals zu schwach ausgebildetes Selbstwertgefühl sie in die Hände von Hannes getrieben hat. Das Schlimmste daran: Hätte sie es nicht geschafft, ihn zu verlassen, hätte er immer mehr Angriffspunkte gefunden, ihren Selbstwert noch weiter zu beschädigen!
Auch wenn es einfacher erscheint, an etwas festzuhalten, das einem schadet, das zahlt sich nicht aus. Den eigenen Selbstwert ausreichend zu entwickeln, dafür ist es nie zu spät.
Viele Menschen, die in einer toxischen Beziehung landen, erinnern sich später, dass ihre innere Stimme sie anfangs durchaus warnte, weil ihnen zum Beispiel die vielen Komplimente und großzügigen Geschenke übertrieben und unnatürlich oder all die Erzählungen über die Glanzleistungen unstimmig erschienen.
Doch leider ist es häufig so, dass Menschen, die sich sehnlichist eine Partnerschaft wünschen, zu schnell bereit sind, unangenehme Gefühle wegzudrücken und Warnsignale zu ignorieren. Wer gern verdrängt, um die Frau oder den Mann der Träume sein Eigen nennen zu können, der erkennt meist erst nach sehr viel Leid, wie es tatsächlich um den anderen und seine Beziehung bestellt ist.
Warum sind toxische Beziehungen für manche so anziehend?
Manche Menschen verlieben sich immer wieder in jemanden, der ihnen nicht guttut. Sie geraten in Beziehungen, in denen sie früher oder später abgewertet oder sogar gedemütigt werden. Zum einen liegt es daran, dass toxische Beziehungen mit einem Übermaß an Liebesbekundungen, dem sogenannten Love Bombing beginnen.
Gerade Menschen, deren Selbstwert zu wenig ausgeprägt und instabil ist, genießen es, mit Zuwendung und manchmal auch mit Geschenken überschüttet zu werden. Die Warnsignale übersehen sie dann allzu gern. Wenn dann kurze Zeit später die Schwierigkeiten einer toxischen Beziehung beginnen, sind sie häufig schon zu sehr involviert oder sogar verstrickt.
Wenn du länger oder langfristig in einer Beziehung mit jemanden lebst, der dir nicht guttut, dann kann das mit erlernten Mustern aus deiner Kindheit zusammenhängen. Das was du als Kind erfahren hast, gilt dir als vertraut, selbst wenn es dir gar nicht gutgetan hat. Zum Beispiel wählen Menschen, die in ihrem Elternhaus viel Abwertung erlebt haben, überdurchschnittlich häufig einen Partner, der sich ebenfalls nicht wertschätzend und respektlos verhält.
In der Psychologie spricht man von Self-Verification – auf Deutsch Selbstverifizierung -, wenn die Art, wie du als Kind von deinen Bezugspersonen und deiner Umgebung behandelt wurdest, auch Teil deines Selbstkonzeptes wurde. Self-Verification heißt auf Deutsch so viel wie Bestätigung des eigenen Selbstbildes. Unter Selbstkonzept versteht man vereinfacht gesprochen die Vorstellungen, Einschätzungen, Fähigkeiten und Bewertungen, die man über sich selbst hat.
Das trifft zu, wenn du es beispielsweise gar nicht aushältst, dass jemand dich aufrichtig liebt und anständig mit dir umgeht. Mit einem Partner, der vielleicht genauso aggressiv war wie dein Vater, bestätigst du unbewusst, dass es gerechtfertig ist, dass man dich beispielsweise anschreit.
Kleine Kinder beziehen alles, was in ihrer näheren Umgebung geschieht, auf sich selbst. Das hilft ihnen, die Welt um sich herum einzuordnen. Außerdem hängt ihr Überleben davon ab, ob die Bezugspersonen ihnen zugewandt sind und sie mit dem, was sie brauchen, versorgen.
Ist die Mama oder der Papa gerade nicht lieb oder weint, dann liegt es daran, dass man selbst etwas falsch gemacht hat, so denkt ein kleines Kind. Dass es mit ihnen selbst nichts zu tun hat, das können kleine Kinder noch nicht erkennen, denn das bedarf bereits einer größeren Abstraktionsfähigkeit.
Wenn du dich auf einen Partner einlässt, der sich so verhält, wie du es aus deiner Kindheit kennst, dann ist dir das vertraut. Auch wenn es dir nicht guttut, glaubst du, den anderen besser einschätzen zu können, als jemanden, der überhaupt nicht in deine Erfahrungswelten passt. Das erklärt beispielsweise, warum Frauen, deren Mütter geschlagen wurden, eher an einen Mann geraten, der sie schlägt, als Frauen, die solch ein Verhalten zuhause nicht miterleben mussten. Männer, die viel Abweisung und wenig Zärtlichkeit von ihrer Mutter bekamen, lassen sich eher auf eine Frau ein, die sich weniger mitfühlend und zärtlich verhält.
Laut der Komplementaritäts-Hypothese scheinen sich Menschen anzuziehen, die durch ihr gegensätzliches Verhalten die unbewussten Muster des jeweils anderen bewahrheiten: Jemand, der als Kind oft im Stich gelassen wurde, kann beispielsweise einen sehr besitzergreifenden Beziehungsstil entwickeln. Aber genau so jemand zieht einen Menschen mit einem abweisenden Beziehungsstil an, also genau jemanden, dem es sehr schnell zu eng werden kann. Das besitzergreifende Verhalten des Einen und das abweisende des Anderen bestätigt dann beide in ihrem Bild, das sie sich als kleine Kinder von der Welt um sich gemacht haben. Das Wort komplementär kommt aus dem Französischen und beschreibt Eigenschaften von Subjekten oder Objekten, die zwar gegensätzlich sind, sich in ihrer Gegensätzlichkeit aber ergänzen.
Folgen einer toxischen Beziehung
Selbst wenn das eigene Beziehungsmuster durch eine unglückliche Beziehung bestätigt wird, heißt das nicht, dass man die Beziehung fortsetzen muss. Studien belegen, dass Menschen in einer toxischen Beziehung häufiger unter Angstzuständen und depressiven Verstimmungen leiden. Außerdem haben dauernde Streitereien mit dem Partner einen negativen Einfluss auf die Immunabwehr und gelten als Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Wer sich ständigen Anfeindungen und Manipulationen aussetzt, riskiert schwerwiegende psychische Folgen: Scham- und Schuldgefühle, die überhaupt nicht gerechtfertigt sind, Selbstzweifel oder ein niedriges Selbstwertgefühl, sind nur einige davon und sie machen es zusätzlich schwer, die Beziehung zu beenden.
Wer es schafft, sich von einer dysfunktionalen Beziehung zu verabschieden, dem bleiben manchmal Wunden, die noch Jahre ausheilen müssen. Die nächsten Partner haben dann mit den Abwehrmechanismen zu kämpfen, die sich die Betroffenen sozusagen als Überlebensstrategie angeeignet haben.
Wann solltest du eine toxische Beziehung beenden?
In jeder Beziehung, in der beide Partner gleichberechtigte Individuen sind, gibt es Reibereien, Probleme und Schwierigkeiten. Wenn du jedoch den Eindruck hast, definitiv mehr schlechte Momente als schöne zu erleben, dann solltest du dein Leben und vor allem deine Beziehung in Frage stellen.
Entstehen die schlechten Momente, weil Konflikte zwischen euch in Beschimpfungen, Beleidigungen, Drohungen oder sogar Gewalt ausarten? Fühlst du dich außerstande, dich in kritischen Momenten zu behaupten, weil du immer wieder auf die Manipulation deiner Partnerin oder deines Partners hereinfällst? Hast du den Eindruck, dass deine Rolle in der Beziehung so festgelegt ist, dass dir dein Partner gar nicht die Möglichkeit gibt, dass du frei aussprechen kannst, was dich belastet und dass du eure Beziehung mitgestalten kannst?
Nicht immer ist es sinnvoll, eine Beziehung zu retten. Selbst wenn ihr verheiratet seid und vor dem Traualtar euer Eheversprechen abgeben habt, heißt das nicht, dass du dich auf immer an jemanden ketten musst, der dir so offensichtlich schadet. Wenn du es schon lange in einer belastenden Lebenssituation aushältst, dann kann dir Psychotherapie oder Psychologische Beratung helfen, wieder mehr zu dir selbst zu finden und eine konkrete Vorstellung eines neuen und besseren Lebens zu entwerfen.
Keine Beziehung der Welt ist es wert, dich selbst aufzugeben oder sogar deinen Lebensmut zu zerstören.
Kann eine Paartherapie eine toxische Beziehung verändern?
Eine Paartherapie unterstützt zwei Menschen dabei, eine neue Art und Weise des Umgangs miteinander zu entwickeln, um die eigene Partnerschaft erfüllender zu gestalten. Wenn jeder der Partner bereit ist, sich selbst auch als Verursacher der Schwierigkeiten und nicht nur als Opfer zu betrachten, dann sind die Chancen groß, einen besseren Neuanfang zu starten.
Wenn nur einer von beiden bereit ist, an sich zu arbeiten, dann kann sich die Beziehungsdynamik auch verändern, durchaus auch positiv. Eine innigere Beziehung entsteht allerdings, wenn beide sich öffnen und ihre Einstellungen zu einander zum Positiven verändern und funktionalere Verhaltensweisen aufbauen.
Zeigt jedoch einer der beiden Partner ausgeprägte Persönlichkeitsmerkmale aus der Dunklen Triade, wird eine Paartherapie weniger erfolgreich sein. Unter dem Begriff Dunkle Triade der Persönlichkeit werden die Eigenschaften Narzissmus, Macchiavellismu und Psychopathie zusammengefasst, wobei Psychopathie in diesem Zusammenhang noch als subklinisch, also leicht verlaufend verstanden wird.
Diesen drei Eigenschaften ist gemein, dass die eigenen Ziele und der persönliche Erfolg stets über das Glück anderer gestellt werden. Menschen mit starker Ausprägung dieser Persönlichkeitseigenschaften sind bereit, um ihres eigenen Vorteils willen andere auszubeuten, zu manipulieren oder zu betrügen.
Narzissmus ist eine stark überzogene Selbstwertschätzung und der Glaube, besser zu sein als andere und deshalb eine besondere Aufmerksamkeit oder Behandlung verdient zu haben. Betroffene betrachten sich selbst meist als unantastbar und sind wenig bereit oder nicht einmal imstande, ihr Verhalten zu reflektieren.
Machiavellismus ist die Bezeichnung für einen manipulativen Persönlichkeitszug. Betroffene verhalten sich zynisch und stehen anderen Menschen und deren Absichten grundsätzlich misstrauisch gegenüber. Der Begriff geht zurück auf Niccolò Machiavelli, der im 16. Jahrhundert eine politische Theorie entwickelt haben soll, wonach zur Erlangung oder Erhaltung politischer Macht jedes Mittel unabhängig von Recht und Moral erlaubt sei.
bedeutet, dass man bei dem Betroffenen noch keine echte und schwere Persönlichkeitsstörung diagnostizieren kann, seine Umgebung aber durchaus unter seinem ausbeuterischen, rücksichtslosen Verhalten, seiner emotionalen Kälte leidet und daran, dass diese Menschen oft nicht bereit sind, Regeln und Strukturen zu akzeptieren.
Woran erkennst du, dass deine Beziehung keine gute Zukunft hat?
- Sie oder er ist nicht bereit, dir zuzuhören.
- Dein Partner oder deine Partnerin übernimmt keine Verantwortung für das eigene Handeln: Du fühlst dich nach euren Auseinandersetzungen meistens sehr schlecht und hast den Eindruck, dass immer du es bist, mit der oder mit dem etwas nicht stimmt.
- Unverbindlichkeit, kein Commitment: Sie oder er legt sich nicht fest, wie eure gemeinsame Zukunft aussehen soll. Commitment ist ein englisches Wort und bedeutet Verpflichtung oder Bindung. In Zusammenhang mit Beziehung meint es, dass jemand sich wirklich auf einen anderen Menschen einlässt und sich verbindlich für ihn entscheidet.
- Gemeinsame Arbeit an der Beziehung ist nicht möglich: Sie oder er ist beispielsweise nicht bereit, sich konstruktiv mit dir auseinanderzusetzen oder mit dir eine Paartherapie zu machen.
- Verschleierte Wahrheit: Du bist oft irritiert, weil du den Eindruck hast, sie oder er teilt dir nicht die ganze Wahrheit mit.
- Ewiges Hin und Her: Jedes Mal, wenn du die Beziehung beenden möchtest, kommt sie oder er wieder auf dich zu. Jedes Mal, wenn du dich auf diese Zuwendung einlässt, fängt das manipulative Spiel von vorn an.
Fünf Tipps, um eine toxische Beziehung zu beenden
Viele Menschen leiden jahrelang unter einer toxischen Beziehung, bevor sie endlich den Entschluss fassen, ein besseres Leben zu beginnen. Und selbst dann schaffen sie es häufig nicht auf Anhieb, sich von ihrer Partnerin oder ihrem Partner zu lösen. Das hat meistens mit der für Narzissten typischen Dynamik zu tun: Sobald man es schafft, sich zu verabschieden, kommt der andere wieder auf einen zu und beteuert seine Zuneigung und demonstriert einen Liebesbeweis nach dem anderen.
Dieses Verhalten, den anderen wieder zurückzugewinnen, nennt man übrigens Hoovering. To hoover ist Englisch und heißt auf Deutsch staubsaugen. Der Begriff soll veranschaulichen, dass der Partner, der sich eigentlich verabschieden wollte, sich wieder regelrecht in die Beziehung aufsaugen lässt, in dem Glauben, der Andere kämpfe aufrichtig um die Beziehung. In den meisten Fällen stellen die Liebesschwüre jedoch nichts anderes als eine weitere Manipulation dar.
Je länger du eine toxische Beziehung erträgst, desto niedriger kann dein Selbstwertgefühl werden. Das kann so weit gehen, dass du denkst, nichts an dir ist liebenswert und es wird sich nie wieder jemand finden, der sich auf dich einlassen möchte.
1. Erkenne typische Muster der toxischen Beziehung
Häufig wiederholen sich Verhalten und Reaktionen: Kennst du das? Immer wenn du Schluss machen möchtest, dann reagiert deine Partnerin oder dein Partner aggressiv oder abwertend nach dem Motto: Was bist du ohne mich? Eine andere Reaktion, den flüchtenden Partner wieder zurückzugewinnen, kann das sogenannte Love Bombing, also die Überhäufung mit Liebesbeweisen sein. Wenn du darauf hereinfällst, wirst du leider sehr bald wieder genauso schlecht behandelt wie vorher.
2. Erkenne, ob und wie du manipuliert wirst
Wenn du erkennst, welche Muster immer wiederkehren und was deine Partnerin, dein Partner in bestimmten Situationen meist tut, dann kannst du mit der Zeit sehr viel schneller ihre oder seine manipulativen Taktiken in der Beziehung zu dir erkennen.
3. Ist das Geben und Nehmen ausgewogen?
Überlege einmal ganz nüchtern, wer von euch beiden, was und wieviel in eure Beziehung einbringt. Bist immer du die- oder derjenige, der zu viel gibt? Bekommst du etwas zurück, ist das auch genug und entspricht das auch deinem Einsatz und was noch viel wichtiger ist, entspricht es dem, was du brauchst? Auch wenn das für dich auf den ersten Blick zu leidenschaftslos wirken mag, ist es wichtig, dieses Geben und Nehmen in deiner Beziehung zu reflektieren. Natürlich muss nicht jeder von beiden genau dasselbe tun, aber du solltest das Vertrauen haben, dass der andere sich genauso für euer Wohl einsetzt wie du.
4. Suche den Austausch mit anderen
Wenn dein Selbstwertgefühl angegriffen ist und du schlecht behandelt wirst, dann ist es nachvollziehbar, dass du eher an dir als an deinem Gegenüber zweifelst. Sprich deshalb mit einer guten Freundin, einem guten Freund über deine Beziehung und die damit verbundenen Unsicherheiten und deine Unzufriedenheit. Meistens verstehen andere einen besser als man denkt. Allein schon dadurch, dass du das, was dich belastet, aussprichst, kannst du deine Gedanken besser sortieren. Da du dir auch selbst zuhörst, werden dir manche Muster und wiederkehrende Verhaltensweisen bewusst.
5. Werde dir deiner Beziehungsmuster bewusst
Du gerätst immer wieder an die Falsche oder den Falschen? Wenn du denkst, dass das Zufall ist, nimmst du dir die Chance, das Muster, das dahintersteckt, zu erkennen.
Jeder Mensch wird durch die Erziehung und vor allem auch, welche Beziehung die eigenen Eltern miteinander führen oder führten geprägt.
Solange bis du sie nicht überwunden hast, lassen dich diese verinnerlichten Verhaltensmuster auch immer wieder ähnliche Beziehungspartner auswählen. Selbst wenn es anfangs so schien, als wäre alles wunderbar, du wirst einen oder mehrere Momente gespürt oder gedacht haben, dass irgend etwas nicht stimmig ist, dir komisch vorkommt oder doch gar nicht so wunderbar sein kann, wie es dir dein Gegenüber vermittelte.
Doch weil du vielleicht Verhaltensprogramme oder negative Glaubenssätze aus deiner Kindheit in dir trägst, hast du all diese Warnhinweise schnell verdrängt. Denn du warst ja so dankbar, endlich die Richtige oder den Richtigen gefunden zu haben.
Mit deutlich mehr Selbstwert und der großen Gewissheit, sowieso jemanden zu treffen, der sehr gut zu dir passt und mit dem es eine gute Zweisamkeit geben würde, hättest du dich wahrscheinlich kaum auf deinen aktuellen oder verflossenen Partner eingelassen.
Was viele als Schicksal bezeichnen, nennt man in der Psychologie tief verborgene und verwurzelte Überzeugungen. Du verliebst dich also nicht einfach so immer wieder in jemanden, der dir nicht guttut. Im Gegenteil, dein Partner spiegelt dir, wie du Bindung erlebt und gelernt hast. Du bist diesen Mustern aber nicht hilflos ausgeliefert! In einer Psychotherapie oder Psychologischen Beratung kannst du Verständnis für dich entwickeln und vor allem neu erlernen, wie es für dich gut ist.
Selbsttest: Lebst du in einer toxischen Beziehung?
Genausowenig wie der Begriff toxische Beziehung wissenschaftlich ist, ist es dieser Test. Diese Fragen sollen dir aber dazu dienen, eine bessere Einschätzung dafür zu bekommen, ob du in einer Beziehung lebst, die dir schadet. Er soll dir Mut machen, gut für dich zu sorgen und dir gegebenenfalls professionelle Unterstützung zu suchen.
- Love Bombing: Wirst du ständig mit Komplimenten und Geschenken überhäuft, so dass es dir selbst viel zu übertrieben vorkommt und du befürchtest, dass der Traum bald enden könnte? Diese massiven Liebesbeweise werden Love Bombing genannt und können gerade am Anfang einer Beziehung ein Warnsignal sein.
- Hast du den Eindruck, dass diese Beziehung keine Stabilität erlangt? Stresst dich das Hin und Her, weil auf eine Phase von Nähe und Zärtlichkeit wie automatisch eine der Distanz folgt?
- Hast du den Eindruck, dass du sehr viel mehr in diese Beziehung einbringst als dein Partner?
- Fühlst du dich in der Gegenwart deines Partners minderwertig, vor allem auch, wenn Dritte anwesend sind? Wirst du häufig abgewertet, beschimpft oder sogar bedroht? Kommt es dir so vor, als würde sie oder er dich bewusst kleinmachen wollen?
- Kontrollierst du dich, wenn deine Partnerin, dein Partner anwesend ist? Überlegst du dann genau, was du sagst, um dich nicht aggressiven Äußerungen oder Streit aussetzen zu müssen?
- Straft dich dein Partner oft mit Schweigen? Gibt er dir ständig das Gefühl, dass immer du an allem schuld bist? Hast du viel zu oft ein schlechtes Gewissen, obwohl du eigentlich nichts falsch gemacht hast?
- Hast du den Eindruck, dass eine große Ungleichheit zwischen euch besteht? Du bist offen, lässt sie oder ihn beispielsweise wissen, wie es dir geht, was du fühlst oder wo und mit du unterwegs bist, sie oder er dagegen lässt dich über Gefühle, Gedanken oder Aktivitäten zu oft im Unklaren?
- Du wunderst dich, dass du das alles mitmachst, obwohl du spürst, dass es dir nicht guttut? Hast du das Gefühl, du könntest ohne sie oder ihn nicht leben? Fühlst du dich abhängig?
Geht es dir insgesamt in deiner Beziehung zu häufig schlecht und zu selten richtig gut? Kostet dich deine Beziehung viel zu viel Kraft?
Vorsicht: Nicht immer ist der andere ein Narzisst!
Streit, Schuldzuweisungen und auch Ungerechtigkeiten kommen in den meisten Beziehungen vor. Wenn ihr zu zweit gerade eine schwierige Phase erlebt, solltest du nicht automatisch davon ausgehen, dass du in einer toxischen Beziehung bist oder dein Partner ein Narzisst ist.
Der amerikanische Beziehungsforscher John Gottman rät erst einmal dazu, beim Partner auf eine gewisse Grundfreundlichkeit zu vertrauen. Meistens wolle der Partner einen nicht absichtlich schlecht behandeln. Viele Menschen verhalten sich meist aus anderen Gründen nicht immer respektvoll und wertschätzend ihrem Partner gegenüber.
Denn allzu häufig wird der Partner als Ventil benutzt, um die unangenehmen Gefühle, die beispielsweise durch Druck im Job oder aufgrund anderer Belastungen entstehen, abzulassen.
Natürlich ist es nicht gut, den Partner dazu zu benutzen, den eigenen Druck loszuwerden. Deshalb solltest du solch einen Umgang in deiner Beziehung nicht dauerhaft tolerieren. Wenn dir an deinem Partner etwas liegt, dann kannst du mit ihm gemeinsam an eurer Beziehung, an eurem Verhalten arbeiten, damit jeder für sich lernt, sich selbst besser zu steuern und ihr gemeinsam lernt, besser miteinander zu kommunizieren. In einer Paartherapie eignet ihr euch verständnisvollere Formen des Umgangs und des Austauschs an.
Erste Hilfe und Ansprechpartner
Dir geht es wegen deiner aktuellen oder vergangenen Beziehung gerade sehr schlecht? Hier findest du schnell einen Ansprechpartner und Erste Hilfe:
Telefonseelsorge:
- Telefonisch rund um die Uhr erreichbar unter: 0800 1110111 / 0800 1110222
oder 116 123 (ohne Vorwahl)
- Beratung per E-Mail und Chat: online.telefonseelsorge.de
- Website: telefonseelsorge.de
Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben:
- Telefonisch rund um die Uhr erreichbar unter: 08000/116 016
- Beratung per E-Mail und Chat täglich von 12 bis 20 Uhr: hilfetelefon.de/beratung/online-beratung
- Website: hilfetelefon.de
Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ des Berufsverbands Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP e.V.):
- Telefonisch rund um die Uhr erreichbar: 0800/116016
- Website: bdp-verband.de/themen/corona/telefonische-beratungsangebote
Hilfetelefon „Gewalt an Männern“:
- Telefonisch von Montag bis Donnerstag von 8 bis 20 Uhr und Freitag von 8 bis 15 Uhr erreichbar: 0800/1239900
- Beratung per Chat und E-Mail von Montag bis Donnerstag von 12 bis 15 Uhr und von 17 bis 19 Uhr: onlineberatung.maennerhilfetelefon.de
Website: maennerhilfetelefon.de